Sprachliche Entwicklung Schritt für Schritt

Eine Sache steht jedenfalls fest: Sprache lernen und Sprechen lernen funktioniert nicht im luftleeren Raum. Früher riet man gehörlosen Eltern, ihre hörenden Kinder vor den Fernseher zu setzen, damit sie so die Lautsprache lernen. Das ging gewaltig schief. Das Gesprochene konnte im wahrsten Sinne des Wortes nicht be-griffen werden, weil es wenig mit den Kindern zu tun hatte. Erst durch Interaktion und sinnliche Erfahrungen wird Sprache sinnvoll.

Zunächst aber ist Sprechen für das Baby ein Spiel, ein Ausprobieren. Im Alter von 0 bis 5 Monaten steckt es im sogenannten Vorsilbenalter. Es probiert alles Mögliche mit Zunge, Lippen, Zähnen und Gaumen, was manchmal recht lustig aussieht und komische Geräusche zur Folge hat. So lernt das Baby spielerisch, mit Hilfe welcher Muskeln und Bewegungen sich welche Töne erzeugen lassen. Nach und nach bevorzugt das Baby bestimmte Geräusche und wiederholt diese immer wieder. Zwischen dem sechsten und dem neunten Monat klingt es allmählich, als würde dem Gebrabbel ein tieferer Sinn zugrunde liegen. Das „Silbenalter“ hat begonnen, die eigentliche „Lallphase“. Das Baby beginnt nun, Töne und Betonungen nachzuahmen.

baby zunge sprechen

Die Bedeutung der Wörter, die es allmählich beginnt nachzusprechen, versteht das Kind erst ab etwa dem zwölften Lebensmonat. Nun kommt auch ein Verständnis dafür auf, wie vorteilhaft es sein kann, sich sprachlich mit den Bezugspersonen zu verständigen.

Mit anderthalb Jahren verfügen Kinder im Schnitt über einen Wortschatz von 50 Wörtern und können daraus schon die berüchtigten Zwei-Wort-Sätze bilden. Im folgenden halben Jahr vervierfacht sich dann der Wortschatz. Manch ein Kind lernt in dieser Zeit alle 90 Minuten ein neues Wort!

Ab dem zweiten Lebensjahr können die meisten Kinder in Drei-Wort-Sätzen reden und fangen an, von sich selber zu sprechen, wobei sie für gewöhnlich noch der Anwendung von Fürwörtern geschickt ausweichen – ein „Ball spielen“ wird noch dem „ich spiele Ball“ vorgezogen.

Zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr beginnt dann auch mit einem Wortschatz von 200 bis 300 Wörtern der Grammatikerwerb. Gerade jetzt ist es wichtig, dass die Eltern sich vor Augen halten, dass das Kind sich nicht darüber bewusst ist, dass es Sprechen lernt. Es lernt die Sprache und ihre Regeln beiläufig und hat es einmal eine grammatische Regel entdeckt, dann wird diese ohne Rücksicht auf Verluste angewendet. Was uns Erwachsenen dann als putziger Fehler erscheint, wie ein „Ich habe den Ball aufgehobt“, ist eigentlich ein großer Fortschritt. So nützt es auch wenig, das Kind bei falschen Konstruktionen direkt zu verbessern. Ein beiläufiges korrigieren ist allerdings sinnvoll und hilfreich: „Das ist aber schön, dass du den Ball aufgehoben hast!“.

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