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Vererbung bei Zwillingen: Einflüsse von Genetik und Umwelt

beideViele Zwillinge haben verblüffende Ähnlichkeit, auch in ihrem Verhalten, ihren Neigungen und ihrem Auftreten. Auf den ersten Blick wundert das nicht. Verfrüht wäre jedoch die Schlussfolgerung, dass unser Leben bereits komplett durch unsere Gene vorprogrammiert ist.

„Das Erbgut ist zwar gleich, aber ein Mensch sammelt im Laufe seines Lebens Mutationen an“, sagte der Zwillingsforscher Andreas Busjahn im März 2012 in einem Interview des „National Geografic“ über eineiige Zwillinge. Ebenso sammelt der Mensch Erfahrungen, die sich auswirken können. Dieser Prozess beginnt bereits im Mutterleib. Während die gesundheitliche Disposition der Schwangeren auf beide Embryos ähnliche Auswirkungen hat, kristallisieren sich im Wachstum der Ungeborenen auf körperlicher Ebene durchaus auch Unterschiede heraus. Die Fingerabdrücke eineiiger Zwillinge beispielsweise sind nicht identisch. Ähnliches kann man auch in Bezug auf die Persönlichkeitsentwicklung vermuten.

Wie sehr prägen also die Gene unser Verhalten, unsere Eigenschaften und Einstellungen und wie sehr ist es die Umwelt, die den größeren Einfluss darauf hat? Viele Forscher erhoffen sich Antworten auf diese Frage, indem sie möglichst viele Faktoren bei eineiigen und zweieiigen Zwillingen vergleichen und anschließend statistisch auswerten.

Während eineiige Zwillinge über den gleichen genetischen Code verfügen, ist dies bei zweieiigen nicht der Fall. Sie ähneln sich genetisch nicht mehr und nicht weniger als andere Geschwister. Dies kommt daher, dass sich die zweieiigen Zwillinge aus zwei verschiedenen Eizellen heraus entwickeln, die eineiigen jedoch aus ein und derselben Eizelle hervorgehen. Gemeinsam ist den zweieiigen Zwillingen aber häufig das soziale Umfeld. Auch hier sind also durchaus Rückschlüsse möglich.

Interessanterweise fanden Forscher heraus, dass bei dem Verhalten getrennt lebender eineiiger Zwillinge die Ähnlichkeiten zueinander größer waren als bei denen, die im gleichen Haushalt miteinander groß geworden waren. (Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=44q2N3d0fuA) Dies spricht für eine genetische Prägung. Der Einfluss des Sozialgefüges Familie ist gleichzeitig nicht zu unterschätzen. Offenbar werden den Mitgliedern einer Familie verschiedene Rollen und somit auch Rollenmuster zugewiesen, innerhalb derer sich die genetisch angelegten Eigenschaften mehr ausprägen oder eben nicht. Während ein Zwilling sich beispielsweise dominanter verhält, übernimmt der andere möglicherweise die Rolle des Schlichters usw.

 

Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass die Gene eine Art „Bauplan“ für die Persönlichkeit eines Menschen darstellen. Allerdings geben sie nur die Richtung vor. 1995 führte der Zwillingsforscher Rainer Riemann mit seinem Team mit 300 Zwillingspaaren eine Untersuchung zum Thema durch. Sein Ergebnis: Zu 41 Prozent ist die Persönlichkeit genetisch bedingt. Die übrigen 59 Prozent, so Riemann, seien auf die häusliche Umgebung der Zwillinge zurückzuführen und auf unterschiedliche Erfahrungen, die die Probanten im Laufe ihres Lebens gemacht hatten. Einer anderen Studie zufolge trage ein Zwilling ein 50-prozentiges Risiko, an Schizophrenie zu erkranken, sofern der andere ebenfalls daran erkrankt sei.

Umwelt oder Gene? – Die Wahrheit liegt also wie so oft auch hier in der Mitte.

Weiterführende Links zur Zwillingsforschung

http://www.ardmediathek.de/tv/W-wie-Wissen/Zwillingsforschung/Das-Erste/Video?documentId=20079608&bcastId=427262 (video leider nicht mehr verfügbar)
http://www.uni-bielefeld.de/Universitaet/Einrichtungen/Zentrale%20Institute/IWT/FWG/Zwillingsforschung/Einleitung.html
http://www.paradisi.de/Health_und_Ernaehrung/Erkrankungen/Down-Syndrom/News/112860.php

Falls noch weitere gute Links bekannt sind, die hier fehlen, freue ich mich über jeden Hinweis. Danke!