Vielen Dank, dass Ihr Euch für dieses Interview bereit erklärt habt, würdet Ihr Euch bitte kurz vorstellen? Wer seid Ihr, wer gehört zu Euch, woher kommt Ihr und was macht Ihr so?
Wir sind Lia & Ella, Ben, Tina und Michael und kommen aus Siegen. Wir sind eine kleine eingeschworene Gemeinschaft, aber zu uns gehören auch noch Großeltern, Tanten und Onkel und viele gute Freunde.
Wir lieben die gemeinsame Zeit als Familie, sind gerne und viel draußen in der Natur zum Zelten oder machen den heimischen Garten mit samt der Kaninchen unsicher.
Lia hat Blutkrebs und ist auf eine Stammzellspende angewiesen und sucht ihren genetischen Zwilling. Wie habt Ihr das erste Mal mitbekommen, dass Lia krank ist? Was waren Eure ersten Gedanken nach dieser Diagnose?
Ende April waren wir mit den Zwillingen bei der kinderärztlichen Routineuntersuchung und die beiden wurden gegen Diphtherie und Keuchhusten geimpft. Kurze Zeit später klagte Lia über Schmerzen im linken Ellenbogen und war sehr schwach. Wir haben erst gedacht, dass seien Symptome der Impfung. Dann hat Lia Schmerzen in den Gelenken und in den Oberschenkeln bekommen. Beim Kinderarzt hat man uns dann wegen Verdacht auf Rheuma in die Kinderklinik geschickt. Da hatten wir auch schon die Symptome gegoogelt und ein komisches Bauchgefühl.
In der Klinik haben sie dann erste Untersuchungen gemacht und die alarmierenden Blutwerte festgestellt. Die Ärzte haben Lia dann direkt in die Uniklinik nach Gießen überwiesen. Da hab ich (Tina) auch zum ersten Mal das Wort „Leukämie“ ausgesprochen und die Ärzte haben nur genickt. Sie haben dann noch eine Knochenmarkpunktion durchgeführt, die den Verdacht auf Blutkrebs endgültig bestätigt hat. Als ich das gehört habe, ist für mich eine Welt zusammengebrochen, ich habe nur noch Rotz und Wasser geheult. Eine solche Diagnose bedeutet Verzweiflung pur. Es ist der absolute Kontrollverlust. Ich wäre am liebsten aus dem Fenster gesprungen.
Wie geht Ella damit um, dass ihre Schwester von ihr getrennt im KH sein muss? Wie kann man einem Zwilling erklären, dass der andere Zwilling so schwer erkrankt ist?
Ach, Ella macht das echt toll. Sie ist super traurig, dass Lia krank und nicht da ist. Ella überspielt ihre Traurigkeit oft mit ihrer witzigen und lustigen Art, aber sie vermisst ihre Schwester unendlich und natürlich auch ihre Mama. Die beiden verbindet schon ein ganz besonderes Band, das können wohl nur Menschen verstehen, die selbst Zwilling sind.
Wir haben versucht den Kindern Lias Krankheit kindgerecht zu erklären: Lia hat böses Blut und bekommtjetzt Medikamente, die helfen sollen die bösen Zellen im Blut zu vertreiben.
Wie läuft Euer Alltag im Moment ab?
Also, wenn man überhaupt von Alltag sprechen kann: Der findet gerade an zwei Orten statt. Lia und Tina sind in der Klinik und Michael, Ella und Ben zu Hause.
Der Alltag im Krankenhaus richtet sich ganz nach Lias Zustand und Bedürfnissen. Wir spielen viel, machen Quatsch, schauen DVDs und sehen Familie und Freunde über Videoanrufe.
Zu Hause hält Michael den Laden zusammen: Kümmert sich um Ella und Ben und den Haushalt. Zwischen waschen, kochen, einkaufen fühlt er sich aber oft einsam und hilflos, weil er nichts tun kann.
Aber wir haben eine tolle Familie und super Freunde, die uns so sehr unterstützen. Dieser Rückhalt tut echt gut.
Was sind Eure größten Sorgen und wie schafft man es, nach so einer Diagnose, stark zu bleiben und nicht aufzugeben?
Unsere größte Sorge ist es, das wir keinen passenden Spender finden und Lia es nicht schafft.
Wir müssen und wollen für Lia stark sein. Und wir glauben ganz fest an das Gute und geben die Hoffnung nicht auf. Sonst hält man die Situation nicht aus und die Angst wird unerträglich.
Gibt es noch etwas was Ihr anderen betroffenen Eltern mit auf den Weg geben wollt?
Wir möchten allen Eltern sagen: Hört auf euer Bauchgefühl. Und lieber einmal zu oft den Arzt um Rat fragen.
Und allen Betroffenen: Habt Vertrauen in die Ärzte und Experten, verliert nicht den Mut, haltet zusammen und denkt dran: Ihr müsst nicht alles alleine machen. Gebt, was ihr könnt an Freunde und Familie ab. Man sollte nie davor zurück schrecken, auch um Hilfe zu bitten.
Weiterführende Links:
Wir drücken Euch ganz fest die Daumen, dass Ihr einen passenden Stammzellenspender findet und sind in Gedanken bei Lia und natürlich bei Euch allen.