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Interview: Zwillingsmama Alexandra von extrakind über ihre Großfamilie

geschrieben von Agnes

Heute mal wieder ein neues Interview für Euch. Ich freu mich, Euch heute Alexandra von extrakind.de vorstellen zu dürfen.

Liebe Alexandra schön, dass Du Dich zu diesem Interview bereit erklärt hast, stell Dich doch einfach mal kurz vor, wer gehört alles zu Dir, woher kommt Ihr?

Mein Name ist Alexandra Jaeger. Ich bin 38 Jahre alt und Mama von fünf Kindern. Einem Mädchen und vier Jungs (12, 10, 4 und doppelt 1). Gemeinsam mit meinem Mann Chris leben wir in einem kleinen Dorf im Calenberger Land. Wenn wir über unseren Hühnerzaun schauen, könnten wir theoretisch die ersten Häuser des 14 Kilometer entfernten Hannovers sehen. Aber dazwischen liegt noch zeimlich viel Landleben.

2017 habt Ihr erfahren, dass Du mit Zwillingen schwanger bist. Was waren Eure ersten Gedanken?

Ich war fassungslos. Vor Glück. Und auch sonst. Fünf Kinder?! Schaffen wir das? Wie wird die Schwangerschaft mit den Zwillingen? Geht alles gut? Oder werde ich lange ausfallen? Und wer hält dann hier unseren Großfamilienalltag aufrecht?

Ich hatte plötzlich so viele Fragen im Kopf, von denen ich als erfahrene Mama eigentlich gedacht habe, dass ich sie mir nicht mehr stellen muss. Eines wusste ich aber sofort: Die zwei gehören zu uns! Dieses Doppel-Geschenk geben wir nicht mehr her!

Wie hat Dein Umfeld auf die Schwangerschaft reagiert?

Die erste unvergessliche Reaktion kam von meinem Mann. Ich saß im Auto und kam gerade vom Frauenarzt. Vorne auf dem Amaturenbrett das erste Bild unserer beiden Wunder. Mein Herz voller Frage- und Ausrufezeichen. Meine Gedanken im Achterbahnmodus. Glück. Verzweiflung. Komplettes Gefühlschaos.

Dann sein Anruf. „Was hat der Arzt gesagt?“ „Schwanger?!? Oh, wie schön!!!! Komm schnell nach Hause, dann erzählst Du mir alles!“

Ich: „Mach ich.“

Er legt auf.

Dann klingelt das Handy erneut.

Wieder Chris: „Könntest Du bitte beim Baumarkt halten und unsere Küchenarbeitsplatte abholen – die ist nämlich jetzt da?“

„Nein, Schatz, kann ich nicht.“ „Warum nicht?“

Ich: „Weil ich hier fünf unterschiedlich große Kinder im Auto habe…“

Kurze Zählpause. Dann: „Nimm sie doch schnell mit rein?!“ Wieder kurze Zählpause. Dann: „Wieso fünf???!!!????“

Wie Du Dir vorstellen kannst war an diesem Tag niemand mehr beim Baumarkt… Wir haben es dann auch sofort allen erzählt! Und alle haben ganz wunderbar reagiert. Irgendwie hat das weder meine Familie noch unsere wundervollen Freunde gewundert. Scheint zu uns zu passen, Zwillinge zu haben. Die Freude war jedenfalls überall riesig!

Was sind Deiner Meinung nach die größten Unterschiede zwischen einer Schwangerschaft mit einem Kind und einer Schwangerschaft mit zwei- oder drei Kindern?

Die körperliche Belastung einer Zwillings- oder gar Drillingsschwangerschaft ist enorm. Das Herz pumpt Unmemengen Blut. Der Bauch wächst schneller und wird auch schneller groß. Heißt: Selbst wenn alles nach Plan läuft und der Mehrlingsmama eine wunderschöne Schwangerschaft beschert ist, muss sie sich darauf einstellen, wochen- vielleicht sogar monatelang als hochschwangere Frau herumzulaufen.

Dazu kommt die fehlende Weitergabe von wertvollen Erfahrungen anderer werdender Mütter und die damit verbundene Unsicherheit. Die wenigsten haben das Glück, im direkten Freudes oder Familienkreis eine andere Zwillingsmama zu haben, auf deren wertvolle Erfahrungen sie zugreifen können und die ihnen einafach mal sagt: Ihr schafft das! Und am besten auch noch wie. Deshalb habe ich extrakind gegründet. Es ist einfach unglaublich, dass Mehrlingseltern immer noch die Erfahrung machen, dass so getan wird, als sei bei ihnen alles wie bei allen anderen.

Jede Mutter sollte die Möglichkeit haben, sich individuell auf Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit vorzubereiten. Und es kann ja sicher niemand ernsthaft der Meinung sein, es würde keinen Unterschied machen, ob eine Frau ein, zwei oder drei Babys zur Welt bringt und ein, zwei oder drei Babys trägt, stillt, schmust oder wickelt.

Während meiner Zwillingsschwangerschaft gab es noch keinen Geburtsvorbereitungskurs für Mehrlingseltern, gab es den bei Dir, falls nein, hättest Du gerne einen besucht?

Im Umkreis von 200 Kilometern habe ich keinen speziellen Geburtsvorbereitungskursus für Zwillings- und Drillingseltern gefunden. Und ich hätte wirklich dringend einen gebraucht. Das sage ich, obwohl ich vor den Zwillingen ja schon drei Kinder entbunden hatte.

Die Fragen sind einfach andere. Wo sollen die Zwillinge zur Welt kommen? Wann ist eine Spontangeburt möglich? Was passiert zwischen Zwilling eins und zwei? Wie stille ich Mehrlinge? Was brauche ich wirklich und was ist eher überflüssig? Ich habe mich ein bisschen so gefühlt, wie beim ersten Kind.

Klar. Mir musste niemand mehr erklären wie ich eine Wehe veratme oder wie ich mich in den Wehenpausen ein wenig entspanne. Und ich wusste auch, was Wochenfluss ist und wie ich meine Milchbildung fördere. Aber wie so eine Mehrlingsgeburt wirklich abläuft, das wusste ich nicht. Ich hätte gern jemanden getroffen, der mir sagt, dass das häufig völlig komplikationslos vonstatten geht, dass das tausende Frauen vor mir geschafft haben und wie ich unterstützt werde, wenn doch etwas anders läuft als geplant. Ich hätte gern offen über das Thema Kaiserschnitt gesprochen. Offen über das Thema Frühchen. Und ohne Druck über das Thema stillen.

Und weil da niemand war, habe ich es selbst in die Hand genommen und extrakind gegründet. Zusammen mit der Medizinischen Hochschule Hannover bieten wir spezielle Geburtsvorbereitung für werdende Zwillings- und Drillingseltern an. Geleitet wird der Kurs jeweils von einer mehrlingserfahrenen Hebamme und einem Oberarzt. Auch eine Stillberaterin gehört zum Referententeam. Zudem erzählen eine Zwillings- und eine Drillingsmama aus ihrem herrlich bunten, lauten und anderen Alltag. Lebenspraxistraining nenen wir das.

Die Botschaft: Euch erwartet sicher eine große Herausforderung aber ebenso sicher ein noch größeres Geschenk!

In welchen Momenten kamst oder kommst du an deine Grenzen – wie händelst du das Leben in Eurer Großfamilie.

Ich stoße regelmäßig an Grenzen. So wie jede Mama. Ob sie nun ein, zwei, drei oder mehr Kinder großzieht. Besonders eng wird es für mich aber, wenn ich mit zu hohen Erwartungen an mich oder die Kinder herantrete. Besonders dann, wenn alles perfekt laufen soll, wenn ich vergesse, dass man sich nun einmal entscheiden muss, zwischen der Waschmaschine, dem Staubtuch und dem Zoo, dem frisch zubereiteten Mittagessen, dem Spanisch-Vokabeltest der Großen, dem Schwimmbad, einer beschnittenen Rose und einem ausgesprochen wichtigen Telefonat mit einer lieben Freundin, dann brennt für mich die Luft. Mehr-Fronten-Kriege können nicht gewonnen werden! Niemals.

Seit ich das verstanden habe und ich nicht immer alles gleich und vor allem gleich gut machen will, kommen wir super zurecht. Meine wichtigste Überlebensregel deshalb: Ich muss niemandem etwas beweisen und kein Tag ist wie der andere. Manchmal habe ich also fein säuberlich gestanzte Gurkensterne dabei und kann damit auf dem Spielplatz angeben. Und manchmal vergesse ich meine komplette Wickeltasche und muss mir von irgendjemandem eine Pampers leihen. Eines passiert aber nie: Das ich abends das Gefühl habe, hinter mir läge ein verschwendeter Tag.

Ich mag mein Leben. Ich mag die Sonne. Aber ich kann auch die Graustufen unseres Alltags einfach mal so lassen. Im Projektmanagement würde ich sagen: Priorisierung. Manchmal finde ich es nun mal wichtiger, den Kindern ein lustiges Buch vorzulesen, als meinen Geschirrspüler anzuschmeißen. Oft unternehmen wir etwas schönes – und dann bleibt es zuhause eben so, wie es gerade ist. Und an einem anderen Tag steht für mich eine wichtige Aufgabe oder Erledigung ganz oben. Und dann müssen die Kids einsehen, dass ich in diesem Moment nun mal den Fußboden wische, Überweisungen tätige oder eine dienstliche Mail beantworte – und dann erwarte ich von allen, selbst von den Kleinsten, dass das – im Rahmen ihrer Möglichkeit – auch möglich gemacht wird.

Wenn wir nachmittags schwimmen gehen wollen, muss der Hasenstall am nächsten Tag ausgemistet werden. Am nächsten Tag müssen dann aber auch alle mit anfassen. Dann gibt’s kein „Keine Lust!“ oder „Jetzt nicht, Mama“ Dann wird das gemacht. Wir sind ein eingespieltes und gutes Team. Meistens klappt das, was wir uns vornehmen. Und wenns nicht klappt, versuchen wir es am nächsten Tag nochmal.

Hast Du manchmal das Gefühl, dass jemand auf der Strecke bleibt?

Ja. Ich. Aber das ist glaube ich so ein Mama-Ding, das bereits beim ersten Kind nicht zu leugnen ist. Ich würde mir mal einen Tag „ohne alles“ wünschen. 24 Stunden nur für mich. Ein Tag, wo alle Kinder unterwegs sind – und ich mich nicht verpflichtet fühle, genau dann mal „in aller Ruhe“ Staub zu saugen. Einmal im Jahr gehe ich mit meinen Freundinnen ein Wochenende wandern! Das ist klasse! Und das bringt mich auch immer sehr weit zu mir zurück. Aber ganz ehrlich? Im Alltag besteht meine Me-time aus den fünf Minuten, die ich an einer Zapfsäule stehe und ungestört tanke bis der nächste klopft und fragt, ob ich Kaugummi oder Eis mitbringe. Das ist mir definitiv zu wenig.

Gibt es zwischen Euren Zwillingen diese bekannte besondere Zwillings-Verbindung?

Ja. Absolut. Sie schlafen und essen zusammen, sie denken mit ihren gerade einmal 19 Monaten an den Schnuller des anderen und heben ihn auf. Sie haben ihre eigene Sprache, die wir anderen nicht verstehen und auch nicht sprechen. Sie teilen ihr Essen. Sie teilen ihr Spielzeug. Sie streiten wie die Kesselflicker und wenn man versucht zu vermitteln wendet sich ihr Kleinkind-Zorn im gleichen Augenblick geballt gegen mich. Und sie sind sich selbst genug.

Mama. Papa. Lina. Anton. Jonas. Oma. Opa. Freunde – alles heiß geliebtes aber dennoch lediglich schmückendes Beiwerk. Hauptsache Hannes hat Vincent und Vincent hat Hannes. Sie sind so lustig zusammen. Und so furchtbar, wenn sie auf Ideen kommen, die ein einzelnes Baby niemals hätte. Ich sage immer: Egal was sie tun – sie sind immer einer mehr als ich.

Wie verstehen sich Eure 5 Kinder untereinander?

Sehr gut. Klar gibt es die üblichen Rivalitäten und Reibereien. Und besonders die mittleren Jungs haben auch zwischendrin mal richtig Feuer unterm Dach und dann knallt es bei den zweien so, das ich wegsehen muss, um nicht Partei zu ergreifen. Aber alles in allem hält sich jeder an unsere oberste Familienregel: Geschwister sind die wichtigsten Menschen auf der Welt! Die fünf sind ein unschlagbares Team.

Unter extrakind.de hast Du eine Plattform für Mehrlingseltern geschaffen, was kann man sich darunter vorstellen?

Extrakind ist ein wachsendes Kompetenzzentrum für Zwillings- und Drillingseltern. Wir bringen mehrlingserfahrene Hebammen und Ärzte mit werdenden Eltern zusammen, bieten Geburtsvorbereitung und Alltags-Support. Hannover zeigt, wie überfällig das war! Jetzt gehen wir in andere Städte hier im Norden.

Unser Ziel: Keine Mehrlingsmama und kein Mehrlingspapa sollen sich mehr mit ihren Fragen allein fühlen. Drück uns die Daumen, dass diese Idee wächst und gedeiht wie die fünf wundervollen Chaoten um mich herum.

Über Eure Seite kann man sich über aktuelle Angebote und Kurse informieren, wie läuft zb. die Geburtsvorbereitung für Mehrlingseltern ab? Welche Unterschiede gibt es zu den normalen Geburtsvorbereitungskursen?

Bei extrakind geht es um all die Fragen, die in einem Geburtsvorbereitungskurs für Einlingsmamas maximal kurz angerissen werden.

  • Wie kommen die Zwillinge zur Welt?
  • Welche Gebärpositionen sind möglich und welche (zumindest bei Zwilling 2) nicht?
  • Wie läuft ein Kaiserschnitt ab?
  • Wie gehe ich mit meinen Ängsten um?
  • Frühchen.
  • Vorzeitige Wehen.
  • Mögliche Unterstützer.
  • Alltagsretter fürs Wochenbett.

Das sind alles Themenblöcke, die unsere Kurse besonders machen. Wir sprechen über verschobene Paarbeziehung. Veränderte Rollen innerhalb der Familie. Über Kindslagen, über die Anzahl Eurer Plazenten und warum das wichtig ist. Unsere Themen sind speziell auf Mehrlingseltern zugeschnitten. Natürlich machen wir Atemübungen und Übungen zur Körperwahrnehmung. Aber wir müssen nicht über die Vorzüge einer Geburtswanne sprechen, die wir Zwillingsmamas eh nicht benutzen sollten. Und es ist vielleicht auch wichtiger, seine Fragen zu den ersten Tagen daheim einer erfahrenen Mehrlingsmama zu stellen, als im Schein einer Kerze eine Traumreise zur Entspannung zu trainieren. Versteh mich nicht falsch! Das ist alles wichtig und richtig. Aber wenn du Zwillinge oder Drillinge bekommst möchtest Du vielleicht eher andere Dinge wissen. Und genau darauf haben wir uns spezialisiert.

Welche Tipps würdest du werdenden Zwillingsmüttern gerne geben?

Versucht Euch abzugrenzen gegen alle Informationen, die Euch nicht guttun. Redet mit Menschen, die wissen, wovon sie sprechen. Aber auch wovon ihr sprecht. Und seid stolz auf Euch! Das ist das wichtigste! Das was ihr da leistet vor, während und nach der Geburt ist der Hammer!

Gibt es abschließend noch etwas, was Du gerne mitteilen möchtest?

Ja. Schaut euch auf www.extrakind.de an, wie wir arbeiten. Vielleicht gibt es uns ja bald schon in Eurer Nähe. Und am wichtigsten: Genießt die Zeit mit Euren Kindern! Zwillinge, davon bin ich überzeugt, werden den Mamas und Papas geschickt, die nicht nur die große Aufgabe sehen, sondern das riesige Geschenk!

Kontaktmöglichkeiten:

Danke für das wunderbare Interview. Ich wünsche Euch als Familie nur das Allerbeste und immer volle Kurse und nette Kontakte mit werdenden Mehrlingseltern.

 

Über mich

Agnes

Zwillingsmutter (Jungs) + 1 (Tochter), Musik-, Indien- und Lyrikfan. Arbeitsmässig habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht und arbeite als Head of Online-Marketing für einen Finanzdienstleister. Falls Du Fragen zum Marketing / SEO für deine Webseite hast, kannst Du mich gerne einfach anschreiben.

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