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Zwillings-Frühchenmama Tanja im Interview

geschrieben von Agnes

Frühgeboren? Hier findet ihr ein Interview mit Zwillingsmama Tanja, deren Zwillinge in der 24. SSW zur Welt kamen.

Vielen lieben Dank dass du Dich für dieses Interview bereit erklärt hast und somit auch anderen Zwillingseltern von Frühchen eine Unterstützung sein wirst.

Sehr gerne. Wenn ich andere Unterstützen und bestärken kann, tu ich das gerne.

Es kam bei Euch ja zu einem Blitzstart in der 24. SSW, lagt ihr schon vorher im KH? Welchen Auslöser gab es für die zeitige Geburt?

Zum ersten mal war ich in der 17. SSW im Krankenhaus aufgrund von Blutungen. Durfte das KH aber nach einer Woche wieder verlassen. In der 19.SSW kam es zu einem hohen Blasenriss bei einem Zwilling, worauf ich wieder im KH lag und nicht mehr raus kam. In der 21.SSW ist bei Zwilling eins die Blase komplett geplatzt. Mit Antibiotika und wehenhemmenden Mitteln konnte die Geburt noch ein Weilchen rausgezögert werden. In der 23 SSW bekam ich noch eine Cerclage. Wahrscheinlich war eine Pilzinfektion dafür verantwortlich, dass es zu früh zur Geburt gekommen ist. Keime gelangten in die Gebärmutter und lösten Wehen aus.

Wie verlief die Schwangerschaft bis dahin? Wie hast du dich gefühlt?

Am Anfang war alles sehr gut. Ich hatte hin und wieder nur Kopfschmerzen sonst nichts. Aufgrund einem Beschäftigungsverbotes versuchte ich durch viel ausruhen, die Kopfschmerzen auszuhalten. Ab der 17. SSW fing es allerdings an, siehe oben, mit Blutungen (siehe oben)

Hattest Du dich während deiner Schwangerschaft schon mit dem Thema Frühgeburt auseinandergesetzt oder informiert?

Nein hatte ich nicht. Nach dem so guten Start ohne Übelkeit und sonstigem hätte ich auch nicht damit gerechnet, dass es mich treffen würde.

Wie verlief die Geburt der Zwillinge?

Abends zuvor merkte ich starke Schmerzen im Rücken. Die herbeigerufene Ärztin meinte nur das wären die Mutterbänder, die sich dehnen. Als die Schmerzen allerdings am nächsten Morgen anhielten, wollte ich unbedingt die Visite abwarten und wimmelte die Hebammen Schülerin ab, die mich zum CTG holen wollte. Als sie dann zum zweiten Mal in der Tür stand um mich zu holen, fragte ich, ob man sehen könnte, ob ich Wehen habe. Worauf sie sagte ja, wir wollen sie ans CTG  hängen.

Worauf ich sie bat, fahren sie mich sofort in den Kreissaal, ich glaube ich habe Wehen. Zwilling eins konnten sie nicht finden und ich musste somit auf den Untersuchungstisch zum Oberarzt. Dies waren schlimme Minuten. Es tat mir weh und ich durfte die Hand der Hebammen Schülerin fest drücken. Zwilling eins wurde gefunden, er lag schon sehr tief im Becken drin. Das waren wohl die ganze Zeit schon Senkwehen die ich hatte. Mit meiner Mutter war ich an diesem Morgen verabredet, weil ich zum großen Organ-ultraschall gemusst hätte. Mein Mann war auf Fortbildung in Frankfurt, zuerst kam mein Mann und 3 Minuten später stand meine Mutter da. Ich wurde im Kreissaal überwacht und über alles aufgeklärt wenn es schnell gehen muss, dass alles bereit war.

Um 14.30 Uhr ging plötzlich alles sehr schnell und es wurde entschieden die Kinder zu holen und nicht mehr länger zu warten. Auf Wunsch erhielt ich eine Teilnarkose und ich durfte meinen Mann mit in den Kreissaal nehmen. Der mir die ganze Zeit Beistand. 15.05 Uhr kam Zwilling 1 auf die Welt, der schon seit der 21.SSW keine intakte Fruchtblase mehr hatte, durch viele Gespräche die vorher mit Ärzten oder Schwestern liefen, war uns klar wenn dies ein Junge ist, soll er den Namen Leo haben, denn er hatte den schwierigsten Start ins Leben und hat sich ohne Fruchtwasser, außer das was immer nachlief, ins Leben gekämpft.

Allerdings wussten wir lange nicht welches Geschlecht unsere Kinder haben. Niemand konnte es uns sagen bis der Leitende Arzt der Kinderklinik Dr. Med. Wieg kam und sagte: „Herzlichen Glückwunsch sie haben zwei Jungen.“

Was ging Dir durch den Kopf, als du die zwei zum ersten Mal sehen durftest?

Ich wollte unbedingt am selben Abend noch zu unseren Kindern. Und ich habe es geschafft, begleitet von einer Ärztin und einer Krankenschwester, machte ich mich durch den Tunnel in einem Rollstuhl, auf den Weg in die Kinderintensivstation.

Ich war geschockt. Es waren beide  eine Hand voll Leben. Und das hing von beiden am Seidenen Faden. Allerdings war ich sehr glücklich, die beiden gesehen zu haben. Leider konnte ich die nächsten Tage nicht mehr hin, da mich eine Infektion mit Fieber erwischt hat.

Wie lange lagen die beiden im Krankenhaus? Warst du zufrieden mit den Ärzten und dem Personal? Hast Du dich gut aufgehoben gefühlt?

Beide lagen 121 Tage in der Kinderintensiv. Wir waren mit den Ärzten und Schwestern sehr zufrieden. Sie hatten immer ein offenes Ohr und haben uns alles erklärt, was wir wissen wollten. Wir haben uns sehr gut aufgehoben gefühlt und fanden unsere zwei Wunder in den besten Händen.


Kurz nach Entlassung aus dem Krankenhaus

Welchen Moment in der Zeit nach der Geburt fandest du am schwierigsten bzw. am schwersten zu ertragen?

Das Leo eigentlich nicht lange unser Sorgenkind war, wie gedacht, sondern das Blatt sich wendete und Anton zum Sorgenkind wurde. Anton bekam am 5. Lebenstag eine Hirnblutung und am 16. Lebenstag einen Darmdurchbruch.

Als ich um 4.30 Uhr beim Milchabpumpen war, stand plötzlich mein Mann neben mir wie versteinert und konnte nicht reden. Nach mehrmaligem fragen was den los sei, sagte er mir Anton hat einen Darmdurchbruch, wir sollen sofort in die Klinik kommen, es geht ihm sehr schlecht. Als er bei mir saß, um mir das zu erzählen, klingelte erneut das Telefon und die Klinik war wieder dran und fragte ihn ob wir eine Nottaufe wünschen.

Wir stimmten einer Nottaufe zu und fuhren sofort in die Klinik. Dein Kind da liegen zu sehen und nichts aber auch gar nicht für Ihn tun zu können, war das schlimmste. An diesem Morgen hatte ich die Hand im Inku (Inkubator) über ihm und ließ ihn nicht mehr los. Er war nicht fähig operiert zu werden, seine Werte waren viel zu schlecht der Kreislauf im Keller. Doch er stabilisierte sich und wurde notoperiert ohne große Verlegung.

Wie ging Dein Umfeld damit um, dass die Minis so zeitig kamen?

Mein Umfeld ging normal damit um, ich glaube niemand konnte sich vorstellen, was es bedeutet ein Frühchen zu haben. Das habe ich gemerkt, als ich meine engsten Familienmitglieder zum ersten Mal mitgenommen habe, um die Kinder zu zeigen. Jeden Nachmittag durfte man einen zu Besuch mitbringen, nach strengen Hygiene Vorschriften. Und daran habe ich erst gemerkt, dass alle überfordert sind und gar nicht wissen was sie sagen sollen bzw. wie sie sich verhalten sollen.

Meine beste Freundin, gleichzeitig Trauzeugin, hatte Tränen in den Augen, als sie vor dem Inkubator stand, wollte sie nicht rein fassen, denn sie war geschockt. Genau wie meine Schwiegermama, auch für sie war es ein ganz schlimmes Erlebnis, die beiden da so hilflos liegen zu sehen.

Und wie hast du die ersten Monate gemeistert?

Ich war jeden Tag von morgens bis Abends bei den Kindern. Hab im Krankenhaus in der Schwestern und Ärzte Kantine günstiger essen dürfen. Und dort auch alle zwei Stunden versucht Muttermilch abzupumpen.

Andere Eltern durften ausgiebig kuscheln und die Kennlernzeit genießen und ihr musstet immer auf Achse sein und Angst haben – wie schafft man es trotzdem eine innige Beziehung aufzubauen?

Kuscheln durften wir auch, leider nicht wie und wann wir wollten, aber mindestens eine Stunde am Tag beim Kängeruhen. Manchmal hat es auch nicht geklappt an einem Tag. Das Kängeruhen ist wichtig für Eltern und Kind und hat zur Bindung beigetragen und auch zum einschießen der Muttermilch. Die Angst war das schlimmste. Was wird morgen sein? Wird nochmal eine Schreckens Nachricht kommen, was passiert denn noch alles? Schaffen wir das?

Wie schafft man es eben nicht durchzudrehen?

Ganz wichtig war der Zusammenhalt von meinem Mann und mir. Wir haben uns gegenseitig gestützt und gesagt wir müssen da durch, wir schaffen das. Uns hat das gemeinsame beten und das anzünden von Kerzen in der Klinikkapelle ganz viel Hoffnung gegeben.

Deine Tipps für Frühchen-Eltern? Was rätst du Ihnen?

Auf jedenfalls reden. Reden was einen bedrückt, mit betroffenen Eltern mit dem Personal/Ärzten aber vor allem mit seinem Ehe/Partner. Ängste aussprechen und ansprechen. Evtl. auch mit der Klinik Psychologin. Das gab es bei uns und hat uns sehr geholfen.

Gibt es gute Webseiten für Zwillings-Frühcheneltern die du empfehlen würdest?

Ja an erster Stelle der Bundesverband “Das frühgeborene Kind” e.V. www.fruehgeborene.de Hier finden Betroffene Eltern vielleicht auch Selbsthilfegruppen und Initiativen in ihrer Nähe.

Auch in Facebook gibt es zahlreiche Frühchen-Gruppen, die mir am Anfang bei Fragen geholfen haben.

Wie alt sind deine Zwillinge jetzt und haben sie noch mit Einschränkungen zu kämpfen?

Meine Zwillinge sind 6 Jahre alt. Sie werden im Mai 2018  – 7 Jahre. Ja, auch wenn das auf Anhieb nicht jeder gleich sieht,  sie haben beide mit Entwicklungsverzögerungen zu kämpfen, in allen Bereichen. Und beide bekommen seit ihrer Geburt Ergo und Physio Therapie. Logopädie seit ihrem zweiten Lebendsjahr bis heute. Des Weiteren nimmt Anton im Moment an einem Reha Programm „Auf die Beine“ teil, aufgrund seiner Hirnblutung links, hat er rechts eine Hemiparese (Halbseitenlähmung). Er ist mit seiner rechten Hand und seinem rechten Bein eingeschränkt.

Ich wünsche Euch alles alles Gute für die Zukunft und das es stetig bergauf geht – Du hast meinen vollsten Respekt. ♥

Vielen Dank dafür. Ich/Wir kämpfen für unsere Kinder weiter und unterstützen Sie wo sie uns brauchen.

Weiterführende Informationen:

Über mich

Agnes

Zwillingsmutter (Jungs) + 1 (Tochter), Musik-, Indien- und Lyrikfan. Arbeitsmässig habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht und arbeite als Head of Online-Marketing für einen Finanzdienstleister. Falls Du Fragen zum Marketing / SEO für deine Webseite hast, kannst Du mich gerne einfach anschreiben.

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