Das Wahrzeichen des „Venedig des Ostens“
Als „Weiße Stadt“ oder „Stadt der Seen“ wird die gut 450 000 Einwohnerstadt Udaipur im Süden des nordwestlichen Bundesstaates Rajasthan mitunter auch von ihren Bewohnern und Besuchern bezeichnet, nicht unwesentlichen Anteil an diesem anerkennenden Spitznamen haben sicherlich die zahlreichen weiß leuchtenden Gebäude, Paläste, Prachtbauten und speziell Tempel vor Ort. Sieben verschiedene weitflächige Tempelanlagen befinden sich im Stadtgebiet wie auch in der näheren Umgebung Udaipurs, dies sind namentlich die Tempel von Eklingji, Nathdwara, Kankroli, Rishabdeo, Ranakpur, Jagat und Jagdish. Der Letztgenannte ist Teil des Stadtpalastareals und gilt als eines der wichtigsten Wahrzeichen der Stadt, er wurde im Jahr 1651 nach Christi Geburt vom damaligen lokalen Herrscher Maharana Jagat Singh (Regierungszeit 1628 bis 1653) in Auftrag gegeben. Der dem Gott Vishnu (Laxmi Narayan) gewidmete Tempel wurde im indo-arischen Stil errichtet, als größter urbaner Sakralbau mit drei Stockwerken und der 79 Fuß hohen Shakara-Turmspitze des Haupttempels dominiert er das Stadtbild ganz eindeutig. Der Eingang in das Gebäude befindet sich etwa 150 Meter vom Palasteingang Bara Pol entfernt.
Steine und Skulpturen, filigran in Form gebracht
Der Haupttempel der gesamten Tempelanlage liegt leicht erhöht auf einem per 32 Treppenstufen erreichbaren, wie eine Pyramide geformten Steinsockel, die seinerzeitigen Baukosten von etwa 1,5 Millionen Rupien wurden nicht zuletzt in die sehr opulenten und prachtvollen Außendekorationen investiert. Kunstvoll und sehr detailliert bearbeitete Steinsäulen, Skulpturen, Reliefs und Schnitzereien stellen hauptsächlich religiöse Motive und Abbildungen von Sagengestalten, Tänzern, Elefanten, Nymphen, Reitern und Musikern dar. Verschwenderisch bemalten Decken, Gewölbe und Wände, großzügig gestaltete Hallen und das beeindruckende große Bronze-Bildnis des mythologischen, halb menschlichen, halb tierischen Götterboten und Tempelwächters Garuda mit seinen Adlerflügeln fesseln die Blicke der Besucher genau wie beiden mächtigen Steinstatuen der Elefanten regelmäßig und zuverlässig. Herzstück der Anlage ist aber natürlich die aus einem einzigen schwarzen Steinblock heraus gearbeitete vierarmige Vishnuskulptur, die wiederum von vier kleineren Schreinen zu Ehren von Ganesha, des Sonnengottes, Shakti und Shiva umgeben ist, mit Rücksicht auf die religiösen Gefühle der Gläubigen aber nicht fotografiert werden darf.
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Vedische Bauweisen und traumhafte Filmkulisse
Durch seine Lage im Zentrum der Stadt ist der Jagdish Tempel natürlich meist sowohl von Einheimischen wie auch Touristen gut besucht, zweimal täglich, um 23.00 und um 5.00 Uhr ruft laute Musik vom Tempel zum Gebet, auf das Publikum haben sich nicht zuletzt auch die zahlreichen Geschäfte und Cafés in der direkten Nachbarschaft eingerichtet. Ganz gemäß der uralten hinduistischen Gestaltungslehre „Vastu“ für Bauten und Gebäude gehorcht auch der Jagdish Tempel angemessen deren Vorgaben. Die auf den vedischen Vorstellungen der wichtigen Berücksichtigung der vier Himmelsrichtungen, der Sonne, des Mondes und der Planeten sowie der fünf Elemente Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum beruhenden Prinzipien manifestieren sich auch in der Gestaltung der großen Gebetshalle „Mandap“, der erste und zweite Stock des Tempelgebäudes besitzen jeweils 50 symbolische Säulen zum Ausdruck dieser Lehre. Um dem sakralen Charakter des Ortes gerecht zu werden, wird westlichen und anderen Besuchern des Tempels geraten, sich entsprechend ausreichend und rücksichtsvoll mit langen Hosen oder Röcken sowie bedeckten Schultern zu bekleiden, auch die üblicher Weise vor Ort für reiche Leute ohne Zeit betenden Witwen sollen gebührlich behandelt und höchstens nach ausdrücklicher Zustimmung ihrerseits fotografiert werden. Im Anschluss an eine Besichtigung lohnt übrigens auch eine weitere Erkundung von Udaipur, so kann man etwa einen ausgedehnten Bootsausflug auf einem der vier Seen Lake Pichola, Fateh Sagar Lake, Udai Sagar und Swaroop Sagar unternehmen, Filmfreunden sei zum Beispiel das im Lake Pichola gelegene „Lake Palace Hotel“ empfohlen, welches bereits mehrfach als Kulisse für berühmte Spielfilme wie „Der Tiger von Eschnapur“, „Das indische Grabmal“ und „Octopussy“ diente.